Geschichte des 3D Drucks - Teil I
Eine Zeitreise zu den Anfängen der Technologie
Auch wenn der 3D Druck meist als sehr junge Technologie wahrgenommen wird, liegen seine Anfänge schon mehrere Jahrzehnte zurück. Die Idee selbst ist bereits ab den 1940er Jahren in der Literatur zu finden. Ab den 1980er Jahren hält sie auch in der Praxis Einzug. In diesem Artikel wollen wir Sie mit auf eine Zeitreise durch diese frühen Entwicklungen nehmen.
Die theoretischen Anfänge
Der erste, der die Idee des 3D Drucks aufgegriffen hatte, war der Science-Fiction Autor Murray Leinster. In seiner Kurzgeschichte „Things Pass By“ aus dem Jahr 1945 beschreibt er die Technologie mit überraschender Genauigkeit. Nämlich als einen beweglichen Arm, in welchen „magnetronische Kunststoffe“ geleitet werden und welcher mithilfe von Fotozellen Zeichnungen scannt und diese aus Kunststoff in der Luft nachzeichnet. Das Material härtet dabei aus und es entsteht das gewünschte Objekt.
1974 behandelt auch der britische Chemiker und Autor David E. H. Jones das Thema in seiner Kolumne im Magazin New Scientist. Unter dem Pseudonym „Daedalus“ veröffentlicht er dort wöchentlich in satirischen Texten Visionen darüber, wie futuristische Technologien funktionieren könnten. Auch wenn seine Ideen eigentlich als Witz gemeint waren, stellten sich einige davon doch als überraschend präzise Zukunftsvorhersagen heraus. So auch seine Beschreibung des Stereolithografie (SLA) Prozesses, wie er ein Jahrzehnt später von Charles Hull in die Realität umgesetzt werden sollte. Aber dazu später mehr.
Vom Patent zum ersten 3D Drucker
Zwischen den ersten literarischen Auseinandersetzungen mit dem Thema und der wirklichen Umsetzung in der Praxis lagen zunächst noch einige Jahre mit überwiegend gescheiterten Patenten für verschiedene 3D Druck Erfindungen.
Das erste Patent für eine 3D Druck Technologie wurde dabei bereits 1971, und damit noch drei Jahre vor Jones‘ Zukunftsprognose, von Johannes F. Gottwald für einen sogenannten „Liquid Metal Recorder“ eingereicht. In Gottwalds Vorstellung ähnelte dieser Recorder einem klassischen Bürodrucker, mit dem allerdings nicht mit Tinte auf Papier, sondern 3D Objekte aus Metall gedruckt wurden. Eine praktische Umsetzung des Patents erfolge allerdings nie.
Fast zehn Jahre später reichte dann 1980 der japanische Erfinder Hideo Kodama ein Patent für ein Photopolymer-Rapid-Prototyping System ein, welches UV-Licht nutzte, um als Ausgangsmaterial verwendetes lichtempfindliches Harz zu härten. Damit war er der Erste, der ein Laserstrahl-Härtungsverfahren beschrieb. Wegen fehlendem kommerziellem Interesse stellte er die Finanzierung des Patents allerdings ein Jahr nach der Anmeldung ein.
Ähnlich erging es einem französischen Forscherteam, bestehend aus Jean-Claude André, Olivier de Witte und Alain le Méhauté, die alle drei für das französische Technologieunternehmen Alcatel und das französische Nationale Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS) arbeiteten. Das Trio reichte 1984 ebenfalls ein Patent für ein additives Fertigungsverfahren mittels Stereolithografie ein. Da de Witte bereits Erfahrung mit der Nutzung von Lasern zur Aushärtung von Festkörpern hatte, hielt er dieses Verfahren als beste Option für das Rapid Prototyping. Doch da weder Alcatel noch das CNRS Interesse an der Technologie hatten und dem Trio die Finanzierung nach der Patentanmeldung nicht möglich war, mussten sie das Projekt aufgeben.
Womit wieder Charles Hull ins Spiel kommt. Nach diesen ersten, wenig erfolgreichen Versuchen, die Idee des 3D Drucks in die Realität umzusetzen, gelang dem US-Amerikaner nämlich schließlich 1986 der Durchbruch. Er hatte ebenfalls 1984, nur drei Wochen nach dem französischen Forschertrio, ein Patent für eine Stereolithografie Maschine eingereicht, für welches er nun zwei Jahre später die Genehmigung erhielt. Im gleichen Jahr gründete er außerdem die Firma 3D Systems und brachte schließlich 1987 mit dem „SLA-1“ den ersten 3D Drucker auf den Markt. In der Regel gilt Hull heute deshalb als der Erfinder des 3D Drucks.
Entwicklung weiterer Verfahren
Die Stereolithografie war somit das erste 3D Druck Verfahren, das patentiert und auf den Markt gebracht worden war. Es sollte jedoch nicht das einzige Verfahren bleiben, welches in den 1980er Jahren entwickelt wurde.
Bereits ein Jahr nachdem Hull das Patent für seine SLA Maschine erhalten hatte, reichte der amerikanische Erfinder Carl Deckard ein Patent für ein Selektives Lasersinterverfahren (SLS) ein, welches 1989 an die Firma DTM, Inc. erteilt wurde, welche später von 3D Systems übernommen wurde. Deckards SLS Drucker war zwar zunächst noch wenig ausgereift und konnte nur sehr einfache Kunststoffteile herstellen, aber diese Anfänge entwickelten sich rasch zum SLS Druck, wie wir ihn heute kennen weiter.
Auch das Fused Deposition Modeling (FDM) Verfahren, das heute wohl das bekannteste und am weitesten verbreitete Verfahren, fand seine Anfänge in den 1980er Jahren. Das Patent dafür wurde 1989 von dem amerikanischen Ehepaar Scott und Lisa Crump eingereicht und 1992 genehmigt. Die beiden gründeten 1989 außerdem die Firma Stratasys, die mit ihren FDM 3D Druckern schnell führend in der Additiven Fertigung wurde.
Mit der EOS GmbH wurde im gleichen Jahr in Deutschland von Hans Langer außerdem noch ein weiterer Branchenführer gegründet, welcher schnell maßgebend im Bereich der Lasersinter-Forschung wurde.
Die hier genannten Technologien sind zwar nicht alle, die es im Bereich der Additiven Forschung gibt, aber mit ihnen wurden die Grundlagen gelegt, die dem 3D Druck in den folgenden Jahrzehnten zu zunehmender Verbreitung und Beliebtheit verhelfen sollten.
Wie sich diese Entwicklung genau vollzog, werden wir in einem unserer folgenden Beiträge darstellen. Seien Sie gespannt!
Vom Hype zum produktiven Einsatz in der Industrie
Während wir Sie in unserem ersten Beitrag zur Geschichte des 3D Drucks mit zu den Anfängen der Technologie genommen haben, wollen wir in diesem Artikel betrachten, wie sich die Additive Fertigung in den ersten beide Jahrzehnten der 2000er Jahre zum regelrechten Hype entwickelt hat und welche Stellung die Technologie heute einnimmt.
Beginnendes Bewusstsein für die Vorteile des 3D Drucks
Nachdem in den 1980er und 1990er Jahren die ersten 3D Druck Verfahren und Drucker entwickelt worden waren, wurde dem 3D Druck um die Jahrtausendwende nach und nach vermehrtes Interesse zu Teil. Dies hing damit zusammen, dass die Technologie stetig weiterentwickelt wurde und zudem in immer mehr Bereichen zur Anwendung kam.
Besonders in der Biotechnik konnten zu diesem Zeitpunkt erste bemerkenswerte Erfolge verzeichnet werden. So wurde 3D Druck bereits 1999 am Wake Forest Institute für Regenerative Medizin in Winston-Salem in North Carolina genutzt, um die synthetischen Bausteine für eine künstliche Harnblase herzustellen. In den folgenden Jahren konnten mithilfe der Technologie dann außerdem eine künstliche Miniaturniere, komplexe Beinprothesen und künstliche Blutgefäße hergestellt werden.
Von der Wissenschaft zum Privatgebrauch
Während diese Erfolge jedoch in erster Linie für Wissenschaft und Forschung von Interesse waren, erreichte der 3D Druck Anfang der 2000er Jahre schließlich das Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit und fand zunehmend im Privat- und Hobbybereich Anwendung. Dazu trugen verschiedene Ereignisse und Errungenschaften bei.
Im Jahr 2004 startete beispielsweise der britische Ingenieur und Mathematiker Adrian Bowyer eine Open-source Initiative mit dem Ziel einen 3D Drucker zu bauen, der neben Objekten aus verschiedenen Kunststoffen auch selbst weitere 3D Drucker produzieren kann. Bekannt wurde dieses Vorhaben unter dem Namen RepRap, kurz für Replicating Rapid-prototyper. Während die Kosten für 3D Drucker bis dahin tausende von Euro betrugen, war es mit diesem Konzept zum ersten Mal möglich, Drucker für wenige hundert Euro herzustellen. Der erste kommerzielle 3D Drucker nach diesem Prinzip kam schließlich im Jahr 2008 mit dem Namen „Darwin“ auf den Markt.
Die Entwicklung und Herstellung kostengünstigerer 3D Drucker wurde ab 2009 auch durch das Ende mehrerer 3D Druck Patente vorangetrieben. So endete in diesem Jahr etwa das von Charles Hull gehaltene Patent für die SLA Technologie sowie auch das FDM Patent von Stratasys. Wettbewerber wie beispielsweise das israelische Unternehmen Makerbot, ließen daraufhin nicht lange auf sich warten und brachten sehr schnell neue DIY-Drucker-Kits auf den Markt. Diese Kits waren dabei nicht nur deutlich günstiger, sondern nun auch nicht mehr in erster Linie auf die Industrie, sondern auf Einzelverbraucher und eine wachsende Hobby-3D-Druck-Community ausgelegt.
Ernüchterung und Produktivität
Die wachsende Verbreitung des 3D Drucks wurde nicht zuletzt auch durch die zunehmende Verfügbarkeit von CAD Tools, zur Erstellung von 3D Modellen am eigenen Computer und das Entstehen verschiedener Plattformen, auf denen diese Modelle geteilt und ausgetauscht werden konnten, vorangetrieben. Eines der bekanntesten Beispiele dafür ist die ebenfalls von Makerbot entwickelte Plattform Thingiverse, die 2009 online ging und schnell zur größten digitalen 3D Druck Community und Bibliothek für 3D Druck Dateien wurde.
Ernüchterung und Produktivität
Doch konnte der 3D Druck die in ihn als Zukunftstechnologie gesetzten Erwartungen auch erfüllen? Diese Frage lässt sich wohl am besten aus zwei verschiedenen Blickwinkeln beantworten.
Betrachten wir zunächst den Privatbereich. Zu Beginn des 3D Druck Hypes waren hier viele davon ausgegangen, dass 3D Drucker, ähnlich wie normale Bürodrucker, bald in jedem Haushalt verfügbar sein würden. So sollte es möglich werden, jegliche Objekte nach Bedarf ganz einfach zu Hause selbst herzustellen. Es lässt sich wohl recht leicht erkennen, dass diese Annahme so nicht eingetreten ist.
Auch wenn seit den 2010er Jahren 3D Drucker relativ kostengünstig erworben werden konnten, wurde bald deutlich, dass ein Drucker alleine oft nicht ausreichend war, um Teile in entsprechender Qualität herzustellen, sondern zusätzliches Wissen zu Fertigungsprozess und Materialien benötigt wird. Das führte letztendlich zu einer deutlichen Ernüchterung und dazu, dass sich der 3D Druck im Privatgebrauch nie in breiter Masse durchsetzen konnte. Die Technologie bleibt hier bis heute hauptsächlich auf eine Hobby-Community beschränkt.
Anders sieht es im industriellen Umfeld aus. Auch hier fanden in den ersten beiden Jahrzehnten der 2000er ständige technologische Weiterentwicklungen statt. Und auch an komplett neuen Verfahren wurde weiterhin geforscht und entwickelt. So brachte beispielsweise HP mit dem Multi Jet Fusion Verfahren eine neue Technologie auf den Markt, welche heute das wirtschaftlichste und schnellste additive Kunststoff-Fertigungsverfahren ist.
Neben der Weiterentwicklung der Technologie selbst, trug vor allem auch die ständige Entwicklung neuer, widerstandsfähigerer und stabilerer Materialien dazu bei, dass heute mittels 3D Druck äußerst hochwertige Bauteile für anspruchsvolle Anwendungsfälle gefertigt werden können.
Dank neuester Entwicklungen lässt sich der 3D-Druck heute über das Prototyping hinaus auch in der Serienfertigung einsetzen und ist ein fester Bestandteil vieler Fertigungsabläufe. Dies wurde durch das Aufkommen zahlreicher Dienstleister in den letzten 20 Jahren verstärkt. Besonders in der Medizintechnik, Automobilindustrie, Luftfahrt und Baubranche ist der 3D Druck unverzichtbar geworden. Trotz nachlassendem Hype wird die Technologie im industriellen Bereich vermehrt produktiv eingesetzt und schaut einer tollen Zukunft entgegen.
Die Möglichkeiten des 3D Drucks entwickeln sich kontinuierlich weiter. Einen Ausblick bieten wir in unserem Artikel über die Zukunft des 3D Drucks.