Spritzgießen vs. 3D Druck
Wann eignet sich welches Verfahren?
Sie benötigen ein Bauteil und stehen vor der Wahl, ob Sie dieses mittels Spritzgießen oder 3D Druck herstellen lassen sollen? Mit beiden Fertigungsverfahren lassen sich Bauteile und Komponenten aus Kunststoff fertigen. Dabei unterscheiden sich die beiden Verfahren jedoch deutlich in ihrer Funktionsweise.
Auf dieser Seite geben wir Ihnen einen Überblick darüber und erklären ihnen welche Vor- und Nachteile die beiden Technologien jeweils haben. Dabei wollen wir jedoch nicht ein Verfahren über ein anderes stellen. Stattdessen möchten wir Sie dabei unterstützen, die für Ihren Anwendungsfall passende Methode zu finden.
Funktionsweise Spritzgießen
Das Spritzgießen gehört zu den urformenden Fertigungsverfahren und wird in der Regel als Massenproduktionsverfahren eingesetzt. Für das Verfahren können Metall, Glas oder Elastomere als Material verwendet werden. Am häufigsten kommen jedoch thermoplastische und duroplastische Polymere zum Einsatz. Die Bauteile werden beim Spritzgießen gefertigt, indem eine Gussform mit geschmolzenem Material befüllt wird, welches anschließend abkühlt und aushärtet.
Als erster Schritt des Fertigungsverfahrens muss dabei das Spitzgusswerkzeug selbst hergestellt werden. Dabei handelt es sich um eine Dauerform, die in der Regel aus Aluminium oder Stahl besteht und einen Hohlraum, die Kavität, aufweist, welcher Oberflächenstruktur und Form des zu fertigenden Bauteils erzeugt. Das Werkzeug wird meistens durch CNC Bearbeitung aus zwei Hälften gefertigt. Je nach Bauteilkomplexität können die Kosten für die Werkzeuge dabei schnell mehrere 10.000€ betragen. Gussformen aus Stahl sind außerdem häufig teurer als Aluminiumformen, haben allerdings auch eine längere Haltbarkeit.
Nach Fertigstellung der Gussform wird diese an der Spritzgießmaschine angebracht. Das Rohmaterial wird dann als Granulat oder Pellets zunächst in einem Schneckenzylinder erhitzt und zum Schmelzen gebracht. Im nächsten Schritg wird die Materialmasse mit hohem Druck in den Hohlraum des Werkzeugs gedrückt, bis sie diesen komplett ausfüllt. Danach kühlt das Material ab und wird fest, wobei es die Form des Hohlraums annimmt. Anschließend wird es ausgeworfen. Im Anschluss können gegebenenfalls Nachbearbeitungsprozesse durchgeführt werden.
Funktionsweise 3D Druck
Beim 3D Druck handelt es sich um ein Additives Fertigungsverfahren. Die Additive Fertigung, oder auch Additive Manufacturing, unterscheidet sich grundlegend von konventionellen Herstellungsprozessen. Bauteile entstehen dabei nicht durch das Abtragen von Material, sondern werden Schicht für Schicht aufgebaut. Durch dieses Vorgehen werden große Flexibilität und Gestaltungsfreiheit ermöglicht.
Die Grundlage bei der Additiven Fertigung bilden 3D Daten. Diese müssen zunächst aufbereitet werden. Beim 3D Druck geschieht dies vollautomatisch mit einem sogenannten „Slicer“. Dieser zerlegt das Bauteil in einzelne Ebenen mit welchen der 3D Drucker das Bauteil anschließend Schicht für Schicht aufbauen und miteinander verbinden kann. Nach dem Slicen sind in der Regel keine größeren Rüstvorgänge notwendig und die Produktion kann gewissermaßen per Knopfdruck gestartet werden.
Der eigentliche Druckvorgang ist je nach Technologie zum Teil sehr unterschiedlich. Beim klassischen FDM Verfahren liegt das Ausgangsmaterial beispielsweise als Filament vor, welches dann aufgeschmolzen und in der gewünschten Form auf eine Platte aufgetragen wird. Das selektive Lasersintern (SLS) und das HP Multi Jet Fusion (HP MJF) Verfahren zählen hingegen zu den pulverbasierten Verfahren. Darunter versteht man, dass das Ausgangsmaterial als feines Kunststoffpulver vorliegt und im Fall des SLS Verfahrens mit einem Laserstrahl und bei HP MJF durch eine Infrarotwärmequelle verschmolzen wird. Auf unserer Website informieren wir Sie noch genauer über die Funktionsweisen unserer 3D Druck Technologien.
Die beiden Technologien im Vergleich
Bei der Wahl der am besten geeigneten Technologie für eine bestimmte Anwendung ist es ratsam, die folgenden Aspekte zu berücksichtigen:
1. Stückzahl
Wie oben beschrieben, muss für jedes Spritzgussbauteil zunächst die Gussform hergestellt werden, was zum Teil mit hohen Kosten einhergeht. Die eigentlichen Produktions- und Materialkosten pro Bauteil betragen im Vergleich dazu nur einen Bruchteil der anfänglichen Investitionskosten. Deshalb nehmen die Bauteilkosten bei diesem Verfahren bei steigender Stückzahl rasch ab.
Beim 3D Druck betragen die Kosten pro Bauteil hingegen theoretisch immer das Gleiche, da dafür kein spezielles Werkzeug angeschafft werden muss. Neben dem eigentlichen Druckprozess sind jedoch meist manuelle, vor- und nachgelagerte Tätigkeiten notwendig. Die Kosten dafür verteilen sich bei höheren Stückzahlen auf mehrere Bauteile. Dadurch kann es auch hier zu einer Kostenreduzierung bei höheren Mengen kommen.
Bei der Suche nach der günstigsten Technologie ergibt sich eine kritische Stückzahl, die unserer Erfahrung nach meistens zwischen 500 und 1.000 Teilen liegt und bei der genau abgewägt werden sollte, welche Technologie im jeweiligen Anwendungsfall die günstigere ist. Im Allgemeinen gilt jedoch, dass der 3D Druck besonders für Kleinserien und das Spritzgießen vor allem bei hohen Stückzahlen die jeweils wirtschaftlichste Wahl ist.
2. Dauer
Die Herstellung der Werkzeuge für das Spritzgießen ist nicht nur mit finanziellem, sondern auch mit zeitlichem Aufwand verbunden. So kann die Fertigung der Formen mehrere Wochen bis zu Monaten in Anspruch nehmen. Im 3D Druck kann andererseits sofort mit der Produktion der Bauteile begonnen werden, sobald 3D Daten vorhanden sind. Sind die Gussformen für den Spritzguss einmal vorhanden, geht die Produktion eines einzelnen Bauteils jedoch um ein Vielfaches schneller als bei der Additiven Fertigung.
3. Anpassbarkeit
In Sachen Anpassbarkeit bietet der 3D Druck deutliche Vorteile. Hier können jederzeit Änderungen an den 3D Daten vorgenommen und dann direkt umgesetzt werden. Deshalb eignet sich das Verfahren auch besonders für die Herstellung von Prototypen und Testteilen. Beim Spritzguss muss für jede Änderung eine neue Gussform gefertigt werden, was wiederrum Zeit und Geld kostet.
4. Komplexität / Design
Auch hinsichtlich der Komplexität ergeben sich im 3D Druck deutlich mehr Möglichkeiten. Dem Design der Bauteile sind bei dieser Technologie kaum Grenzen gesetzt. Es sollten bei der Konstruktion lediglich ein paar Richtlinien beachtet werden. Im Spritzguss bedeutet ein komplexes Design hingegen, dass auch der Formenbau deutlich aufwändiger und deshalb auch teurer wird. Anders gestaltet es sich jedoch bei großen und voluminösen Bauteilen. Da der Bauraum bei 3D Druckern in der Größe limitiert ist und der Druck bei einem voll ausgelasteten Bauraum relativ lange dauert, kann es sich lohnen, in solchen Fällen auf den Spritzguss zurückzugreifen.
5. Oberflächengüte
Durch den schichtweisen Aufbau in der Additiven Fertigung sind die Oberflächen 3D gedruckter Bauteile immer etwas rau und die einzelnen Schichten sind meistens erkennbar. Es besteht die Möglichkeit die Oberflächen nach dem Druck durch verschiedene Nachbearbeitungsprozesse zu glätten und zu homogenisieren.
Beim Spitzguss wird das Material hingegen in einer einzigen Schicht gegossen, wodurch von vornherein eine glatte und homogene Oberfläche entsteht. Zusätzlich können die Bauteile auch bei diesem Verfahren noch nachbearbeitet werden.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die werkzeuglose Additive Fertigung bei Kleinserien bis zu 1.000 Teilen sehr oft die kostengünstigere Technologie ist. Wobei nicht ausgeschlossen ist, dass der 3D Druck auch bei Stückzahlen von mehreren Tausend die wirtschaftlichste Wahl ist. Deshalb ist es empfehlenswert, dies jeweils im Einzelfall zu prüfen. Außerdem eignet sich das Verfahren besonders für Prototypen und Testteile, an denen eventuell noch Änderungen vorgenommen werden müssen sowie für Bauteile mit komplexem Design.
Das Spritzgießen ist wiederum bei der Produktion hoher Stückzahlen meistens die wirtschaftlichere Methode. Zudem kann die Technologie bei der Herstellung großer und voluminöser Bauteile sowie bei Bauteilen, bei denen eine hohe Oberflächenqualität benötigt wird, punkten.
Wenn Sie sich bei der Wahl der für Ihren Anwendungsfall passenden Technologie weitere Unterstützung wünschen, können Sie uns jederzeit kontaktieren. Wir helfen Ihnen gerne!